Welt-Aids-Tag 2023: „Wir sind nicht mehr willkommen“ Tagungshaus beendet wegen HIV Zusammenarbeit
(Köln, den 30. November 2023) Kurz vor dem diesjährigen Welt-Aids-Tag hat das Frauen- und Familienzentrum (FFZ) der Aidshilfe Köln eine Mail bekommen, die uns fassungslos macht und wieder zeigt, dass HIV-positive Menschen überall im Alltag mit Diskriminierungserfahrungen rechnen müssen. Im Sommer 2023 ist das FFZ erstmals in einem Tagungshaus in Nordrhein-Westfalen auf Wochenendfahrt mit Klienten und Klientinnen und deren Kindern gewesen. Im Rahmen der Abstimmung für den Termin für das kommende Jahr haben wir nun folgende Antwort auf unsere Anfrage erhalten:
„…vielen Dank für deine Anfrage. Der Termin im Juni ist bereits belegt. Weiterhin möchte ich unsere Zusammenarbeit hiermit beenden. Ich habe nach eurer letzten Veranstaltung bei uns viele Gespräche mit meinen Mitarbeitern und der Familie geführt und bin — auch wenn du mir versichert hast, dass es kein Risiko gibt — zu dem Entschluss gekommen, dass mit diesem Schritt alle beruhigter sind.“
Rückblickend betrachtet wirkte der Leiter des Hauses bereits bei der Ankunft der Frauen irritiert und fragte, ob alle Teilnehmenden denn HIV haben und wie es mit dem Ansteckungsrisiko aussehen würde. Da allein aus Datenschutzgründen die Frage nicht beantwortet werden kann, klärte unsere Kollegin ihn ausführlich zum Thema HIV auf. HIV ist heute gut behandelbar, wenn auch noch nicht heilbar. Hocheffektive Medikamente verhindern die Vermehrung des Virus im Körper. HIV ist unter Therapie auch nicht mehr übertragbar und vor allem nicht in Alltagssituationen. Nichtsdestotrotz ist das Frauen- und Familienzentrum in diesem Hause nicht mehr willkommen.
Nicht nur für die Kollegin, sondern auch für die Mütter und Kinder ist diese Erfahrung ein Schlag ins Gesicht. „Wir haben diesen Vorfall bereits bei der Anti-Diskriminierungsstelle der Deutschen Aidshilfe gemeldet“, so Jacob Hösl, Vorstand der Aidshilfe Köln.
„Wir merken vermehrt, dass Menschen mit HIV in immer mehr Bereichen des Lebens negative Erfahrungen machen müssen, weil Personen meinen, sie würden sich einem Infektionsrisiko aussetzen. Wir müssen eher mehr aufklären, damit sich diese Ängste auflösen“, so Oliver Schubert, Geschäftsführer der Aidshilfe Köln.
Mit zahlreichen unterschiedlichen Formaten erreicht die Aidshilfe zum Welt-Aids-Tag rund um den 1. Dezember die Menschen in Köln, um über die aktuelle Situation von Menschen mit HIV zu informieren, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Unter anderem startet die Aidshilfe Köln am 29. November den „Klein, aber ho! ho!“–Weihnachtsmarkt direkt vor dem Eingang zum Café Bach an der KVB Haltestelle Heumarkt. Bis zum 01.12.2023 wird der Markt in der Zeit von 17 – 20 Uhr öffnen. Am Welt-Aids-Tag beginnt der Weihnachtsmarkt bereits um 12 Uhr. Mehr unter: www.ahkoeln.de/wat In dieser Zeit wird die Aidshilfe auch Spenden sammeln, um auch in Zukunft ihre Angebote aufrechterhalten zu können. „Die Aidshilfe ist in vielen Bereichen unterfinanziert. Weitere Kürzungsszenarien stehen im Raum, so dass wir in Zukunft wahrscheinlich Angebote einschränken müssen, was Vorurteilen leichteres Spiel macht und die Versorgung im Kontext sexueller Gesundheit massiv einschränkt“, so Schubert weiter.
174 Menschen mit positivem Testergebnis 2022 in Köln
In der Domstadt haben 2022 174 Menschen ein positives HIV-Testergebnis erhalten. Damit liegt die Zahl höher als 2021 (152 Neu-Diagnosen). Für das Meldejahr 2022 ist zu berücksichtigen, dass nach Februar 2022 in erheblichem Umfang HIV-Meldungen von aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Personen erfolgten. In Köln sind das 92 Personen gewesen. Bei den meisten dieser Geflüchteten erfolgten die HIV-Diagnosen und der Behandlungsbeginn bereits in der Ukraine. Deshalb handelt es sich bei den meisten dieser Fälle nicht um tatsächliche Neudiagnosen einer HIV-Infektion, sondern um einen erstmaligen Nachweis in Deutschland.
Der Zeitpunkt der Diagnose hat keine Aussagekraft zum Zeitpunkt der Infektion, dieser kann bereits mehrere Jahre zurückliegen. Es ist wichtig, dass Menschen mit HIV schnell in Therapie kommen, um weitere Ansteckungen zu verhindern und die Auswirkungen der Infektion zu minimieren. „Im Jahr haben wir bis zu 1.800 Beratungsstellenkontakte. Davon nutzen 300 Personen unsere Betreuungs- und Wohnangebote regelmäßig. Unser Beratungs- und Testangebot des Checkpoints besuchen jährlich bis zu 5.000 Personen, die 10.000 Tests zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen machen“, so Pressesprecher Erik Sauer.