Brief aus Eckernförde – Echt süß #75
Nachdem ich den Brief aus Eckernförde gelesen habe, fühle ich mich noch einmal darin bestätigt, dass der Rheinländer Karneval feiert. Alle Probleme für kurze Zeit von sich schieben. Nicht nur am Rosenmontag werden die großen und kleinen Nervereien des Alltags durch den Kakao gezogen, persifliert und auf den Arm genommen respektive auf den Wagen gehoben. Der Norddeutsche kommt mir mit der heute Morgen vorgetragenen Klage und in dieser Situation, in der sich das ganze Rheinland im Feiermodus befindet, es tut mir leid, Margarete, moralinsauer vor. Auch wenn die Brix, wie jeden Freitag, dann zum Schluß doch noch die Kurve bekommt. Dieses Unwort „Helau“ zum Abschluß, dass spar dir aber bitte in Zukunft. Du sendest deine Briefe nach Brauweiler. Toleranz und Ignoranz liegen manchmal eben dichter nebeneinander, als man denken sollte. Insbesondere der Brauweiler hat aber ein großes „Hätz“. Ihr da im Norden und ihr da im Westen, lasst uns feiern?! Dreimal Alaaf nach Eckernförde. (Illustration: Meike Teichmann).
Moin, moin,
Salz in Wunden zu streuen, ist nicht meine Art. Sofern es sich jedoch um eigene Wunden handelt, erlaube ich mir ab und an ein kleines Sado-Maso Spielchen. Was, sagen wir, den Berliner Flughafen angeht, so sind es demokratisch legitimierte Mitbürger, die nicht immer ein glückliches Händchen hatten. Ich trage also als Wählerin Verantwortung, bin gewissermaßen billigend in Kauf nehmende Mitttäterin. Auch die Folgen werde ich spüren. Im Portemonnaie und bei Gesprächen mit Freunden, sagen wir, aus Griechenland. Zum Thema Geld möchte ich mich nicht äußern. Davon haben wir ja reichlich. Was allerdings die Gespräche mit meinen griechischen Freunden betrifft, so hätte ich den ein oder anderen Verantwortlichen für den Berliner Flughafen, den Stuttgarter Bahnhof oder die Hamburger Philharmonie sehr gern mit am Tisch. Wir Deutsche werden ja so gelobt. Für unsere Ingenieurskunst, unsere Disziplin, Pünktlichkeit und Unbestechlichkeit. Soviel Lob muss man einfach teilen.
Laut zu werden, ist auch nicht meine Art. Sofern ich mich allerdings dauerhaft und systematisch vorgeführt fühle, BRICHT ES IRGENDWANN AUS MIR HERAUS! Ganz gleich, ob es sich dabei um dilettantisch gehandhabte Großprojekte, instinktlos hohe Rednerhonorare, erschlichene Doktortitel oder querfinanzierte Blogs handelt. BENEHMT EUCH ENDLICH ANSTÄNDIG!
Versöhnliche Töne anzuschlagen, das ist es, was mir im Blut liegt. Und darum jetzt die gute Nachricht, die in den Medien bisher leider zu wenig gewürdigt wurde. Deutschland exportierte im letzten Jahr 645.000 Tonnen Schokolade. Eine Steigerung der Exportsumme um fast ein Drittel binnen fünf Jahren. Da sollten wir anknüpfen. Gut, das mit der Wissenschaft und der Ingenieurskunst, das war einmal. Aber man bedenke, was wir gewonnen haben. Wer braucht schon einen Flughafen, wenn er Schokolade haben kann!? Das fragt man sich frohlockend noch auf Bundesebene, während man in Eckernförde neue Trends setzt und den Schlüssel für eine prosperierende Zukunft bereits in der Hand hält. Ich sage nur: Bonbonkocherei. Hinrichs Bonbons sind heute, was Krupps Stahl vor langer Zeit einmal war.
Ich finde das knorke und Steffi bestimmt auch.
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Alaaf, Helau und so. Ich bin da tolerant.