brauweilerblog

„Frau Meier, labelst du mal eben die Non-Food-Ecke neu durch.“ Frau Meier tat wie ihr geheißen, schnappte sich den Einpreiser und verschwand in Richtung der Grabbeltische. Ich blieb derweilen vor einem Regal mit Hygieneartikeln wie „Hot Mud“, „Black Pearl“ und „Axe Apollo“ stehen. Achja, mir fiel ein, dass mich jüngst einer meiner Facebook-Freunde zum „Axe Space Camp“ einladen wollte. Aus Interesse klickte ich ein wenig in dieser virtuellen Veranstaltung herum und wunderte mich, dass das sehr unterleibsfixierte Axe-Marketing ihre Kunden nun in den Weltraum schießen will. Steht das Unternehmen vor der Selbstauflösung? Was kommt danach? Wehmütig erinnere ich mich an den weißen Schriftzug auf blauen Grund. Schlecker. Er prangte Jahre gegenüber der Brauweiler Abtei, nun ist der fort. Es half nichts, dass der Drogerie-Discounter mit dem Spruch „,For You. Vor Ort“ zum letzten Sprung ansetzte. Dabei imitierte der „Claim“ oder „Slogan“ doch den „Meier-Sprech“. Also die Angewohnheit seiner Kunden Deutsch und Englisch munter miteinander zu mischen. Dagegen kommt man nicht an, sagen Sie jetzt? Sie haben noch nicht den Brief aus Eckernförde gelesen. Margarete Brix, Amtsrichterin a.D., droht heute mit „Drei Monate Maul halten ohne Bewährung.“ (Illustration: Meike Teichmann).

Moin, moin,

wenn dich Worte umschmeicheln wie weiches Wasser, dich ein Satz trifft, als sei er die Axt höchstselbst, dann könnte ein Poet wie Robert Gernhardt dahinter stecken (den zu verehren mir leicht fiel und fällt). Oder aber, du sitzt am Frühstückstisch, kaust noch am Clown aus Italien und tauchst dann Halt suchend, in den Prospekt eines beliebigen Mode-Wäsche-Duft und Accessoires-Anbieters ein. Du siehst „Cherrry in the air“ und „Homme Wild“ unter der Überschrift „Duft Saison“ und fragst dich, wie es riecht, wenn gerade keine Saison ist. Unter dem Versprechen „Zeitlos schön“ erwarten dich „Big-Size Chronographen“, deren Aggro-Design an  Kreisssägeblätter erinnert und unter „Retro sexy“ folgt nicht die erwartete Abhandlung über Liebe im Altersheim. Ich will auch gar nicht wissen, ob und was sich die Texter dabei gedacht haben. An meinem Urteil änderte das nichts. Wegen vorsätzlicher Sprachverschmutzung in Tateinheit mit Massenverbreitung derselben unter Zugänglichmachung auch für Lesenovizen: Drei Monate Maul halten ohne Bewährung.

So dachte ich dieser Tage, nachdem ich die Prospekte aus der Tageszeitung mit spitzen Fingern der Altpapiertonne anvertraut hatte und ahnte nicht, dass es mich in Sachen „Hohl-Sprech“ am Abend auf ARTE noch härter treffen würde. ARTE? Gute Wahl auf der Fernbedienung. Normalerweise. Ich sah eine Reportage über einen deutschen Hersteller von Herrenmode. Dass sich die Bosse des Unternehmens um einen Tisch versammelten, Fotos der von ihnen vertriebenen Klamotten betrachteten und Sätze sagten, deren Banalität sie beinahe zur Kunstform erhoben hätte, warnte mich. Nur ein Beispiel. Für die Frühjahr-Sommer Kampagne, so führte einer der Manager aus, habe man versucht, eine leichte, sommerliche Atmosphäre zu schaffen. Ach! Da muss man auch erstmal drauf kommen. Ich wollte schon wegschalten, als einer der Herren folgende Feststellung traf. „Slimfit und geshaped sieht viel more sexy aus.“ Also bitte, da muss uns um die Zukunft der Mode im Schwabenland nicht bang sein.

Ich ging dann noch mit Fiete auf ein Bier und fragte mich insgeheim, mit welchen Worten der Wirt wohl sein frisch gezapftes Pils vermarkten würde. „Cold ist jetzt in der season absolut cool“, fiel mir ein. Aber Hubi sagte nichts. Er schob zwei Gläser rüber, kniff ein Auge zu. Fertig. Das war schon sehr retro.

Ihre und Eure Margarete Brix

P.S. Sonnabend ab 15.00 Uhr Frühlingsausstellung des Kunst & Kulturvereins in der Stadtwerke Galerie.