Archiv für die Kategorie „Eckernförde“
Brief aus Eckernförde – Hassos Tunnel #124
Moin, moin,
„Landwirtschaft, erneuerbare Energien, Tourismus.“ Jörns Enkelin leierte den Dreiklang ihrer beruflichen Zukunft im Norden mit Widerwillen runter, schlürfte an einem Chai Latte und schaute demonstrativ gelangweilt zur Decke. Unser Versuch das demographische Damoklesschwert durch generationenübergreifendes Coaching in seiner furchteinflößenden Bewegung zu stoppen, geriet ins Stocken. Julia ist 21, hat ein leidliches gutes Abitur, sieht verdammt gut aus, aber einen Plan? Fehlanzeige. Stattdessen: Heute Party, morgen mal gucken. Als ihre News-App die Rentenpläne der Andrea Nahles in ihr Blickfeld rückte, war es nämlich zunächst mal vorbei mit Senior-Coaching. Julia fand deutliche Worte für Nahles´ Politik, die erhebliche finanziellen Lasten auf die Schultern der nächsten Generation packt und Julia, so mein Eindruck, war sich ihres längeren Lebenshebels durchaus bewusst. Aussitzen kann wieder eine Option sein. Eine Blockade der Jungen würde die Mittelalten vermutlich extra alt aussehen lassen. Wer nicht arbeitet, zahlt auch nicht in die Rentenkasse. Ich bemühte mich um Annäherung durch Empathie. Nach einem weiteren Modegetränk auf meine Rechnung, ein bisschen Rumgetippe auf ihrem Smartphone und ebenso sanften wie offenen Fragen meinerseits, hatten wir dann die Interessenfelder der jungen Dame erreicht: Fashion and Pets. Also Mode und Viecher. Wir drehten ein paar Pirouetten um Öko-Tex und urban fishfarming. Julia kaute Kaugummi und dann, wie aus dem Nichts, erschien ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. Ob wir nicht irgendwie einen Kontakt zu einem Venture-Capital Typen hätten. Wobei Crowdfunding vielleicht auch ginge. Jörn wurde das nun zu bunt. „Mädchen, wofür bittesehr, brauchst du denn Risikokapital?“, brachte er unser aller Frage auf den Punkt. Die Antwort haute uns um. „Hatte einen Gedankenblitz. Pet-Piercing, krasser Trend. Versteht ihr? Tier-Tattoos und so.“ Jörn schaute mit großen Augen. Fragend. Seine Enkelin erklärte nun langsam und in wohlgesetzten Worten, sie beabsichtige ein Tattoo- und Piercingstudio für Haustiere zu eröffnen. Jörn war sprachlos. Julia war euphorisch. Ihr Plan war geschmiedet. Endlich. Noch während wir uns rat- und fassungslos anstarrten, suchte sie bereits online nach einem coolen Ladenlokal im Schanzenviertel. Fiete grinste: „Zungenpiercing für Bello und Ohrringe für die Mietze. Dagegen wird uns Massentierhaltung wie ein Streichelzoo vorkommen.“ Julia ging, ich habe ihren Chai Latte ausgetrunken. Gar nicht so übel.
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Freitagabend (18.30 Uhr) Green-Screen´s Winterfilmreihe hier: „Das Haus“.
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
Bei emons erschienen und überall im gutsortierten Krimi-Buchhandel erhältlich.
Brief aus Eckernförde – Vermessen #123
Moin, moin,
am Neujahrstag frühstückten wir in großer Runde. Um das Jahr fröhlich beginnen zu können, hatte ich politische Themen als Tischgespräch untersagt. Nachdem wir zwei Minuten schweigend Eier geköpft und Tee gerührt hatten, fragte Marlene nach unseren Vorsätzen für 2014. Dabei stellte sich heraus, dass allein Fiete gänzlich frei von Vorsätzen war. Er log. Ich wusste das.
Mittwoch besuchte ich ihn in seinem alten Büro, das der Baulöwe im Ruhestand einfach nicht aufgeben kann. Und dabei kam´s dann raus. Als ich das Büro betrat, stand Fiete barfuß und in Unterwäsche auf einer Waage. Er sah mich und fiel förmlich in sich zusammen. Kein Poltern, kein Gezeter. Er wusste, dass ich ihn ertappt und überführt hatte. Ohne Vorsätze ins neue Jahr. Ha! Die Waage, ein Hi-Tech-Produkt aus der Raumfahrtforschung, das Fiete über einen Fernseh-Shopping-Sender bestellt hatte. Das Körperfett wird gemessen und das Körperwasser und das Gesamtgewicht, womöglich auch der IQ. Auf Fietes Schreibtisch die Formel zur Ermittlung des Body-Mass-Index und ein Schrittzähler. Der BMI sei ja von gestern erklärte Fiete. Wichtiger sei das Waist-to-Height Ratio, also das Verhältnis von Hüftumfang zu Körpergröße. Dann piepte es. Die Bauchmuskeltrainings-App auf seinem Handy. Mir wurde angst und bange. Denn ich kenne Fietes Blutdruckwerte und seine verbissene Art einmal gesteckte Ziele auf Biegen und Brechen zu verfolgen.
Spontan und in freier Rede, stellte ich Fiete darum das AzEV vor, das den letzten Stand der personal enhancement Forschung repräsentiere. Das AzEV messe nämlich das „Aufwand zu Effekt Verhältnis“, erklärte ich. Das AzEV der von Fiete verwendeten Methoden berechnete ich im Kopf mit 0,7. Im Schnitt weit unterhalb des empfohlenen Wertes von 19. Fiete war enttäuscht. Wir haben einen langen Spaziergang gemacht und uns dann mit einer Pizza gestärkt. Machte gefühlt ein AzEV von immerhin 6,9. Fiete ist nun wieder in der Spur und frei von Dämonen, die ich austreiben müsste.
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Sonnabend (20.00 Uhr) Utgard. Dort wird Dave Goodman einheizen. Gute Musik, nette Leute und nur ein kleines Pils. Das treibt des Tages-AzEV weit nach oben.
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Brief aus Eckernförde – Landliebe #122
Moin, moin,
rund um die Jahreswende habe ich ihn wieder gehört, diesen Begriff mit dem ich so wenig anfangen kann: „Ländliche Räume“. Es ging um Geld. Wer bekommt was von wem und warum. Wer „ländliche Räume Schleswig-Holstein“ in das entsprechende Feld einer Suchmaschine tippt, erhält 159.000 Ergebnisse. Ich war erstaunt wieviele Definitionen des ländlichen Raumes kursieren, wie tief der ländliche Raum durch Kultur-Geographen und andere Fachleute differenziert wird, wie zahlreich die Verwaltungsstellen sind, die sich kümmern. Es gibt sogar eine Akademie, die sich allein diesem Thema widmet und es gibt ein Netzwerk Ländliche Räume und es gibt europäische Netzwerke zu denen auch das Europäische Evaluierungsnetzwerk für den Ländlichen Raum zählt. Das klingt doch gut. In Schleswig-Holstein zählt man 22 sogenannte Leader-Aktionsgruppen im Netzwerk Ländliche Räume. Da wird sicher die Arbeit gemacht. Der Ländliche Raum ist, wie sagt man heute, gut aufgestellt. Die Organisation scheint perfekt. Sicher denken viele qualifizierte Menschen darüber nach, was wohl wird aus dem ländlichen Raum und dann gibt es eine Präsentation und einen Kongress. Toll. Es müsste doch eigentlich rund laufen, im ländlichen Raum. Tut es aber nicht. Die jungen Leute ziehen weg, Dorfschulen schließen, der Kaufmann gibt auf, im Dorfkrug bleibt der Zapfhahn trocken und der Freiwilligen Feuerwehr fehlt der Nachwuchs. Erosion auf breiter Front. Hoffnungslos? Keinesfalls! Ich will hier nicht ins Detail gehen. Nur soviel als Anregung einer älteren Mitbürgerin: Mal an unsere Grundbedürfnisse denken und dann daran, dass kleine Strukturen handlungsfähig machen. Beispiele gefällig? Hans bringt mir jeden Mittwoch sechs Eier aus Missunde mit, den Sonntagsbraten liefern Galloways aus Rieseby, geistige Anregungen erhalte ich beim Altstadtverein, soziale Kontakte bietet der Chor, mein neues E-Bike kommt aus Oldenburg und der Ökostrom wird ziemlich wahrscheinlich in Schleswig-Holstein erzeugt. Das Land zwischen den Meeren bietet Entwicklungspotenzial schon wegen seiner Lage. Heimat ist nichts rückwärtsgewandtes. Augen auf, keine falsche Angst und anpacken. Kämpfe kämpfen, die man gewinnen kann. Dass man gegen einen Gegner aus einer anderen Gewichtsklasse wenig zu bestellen hat, hat der Streit um die Windenergiemesse gezeigt. Erreichbare Ziele gibt es genug. In diesem Sinne: Rüm hart – klaar kiming.
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Montagabend (19.30 Uhr) werde ich in Carls Showpalast Uwe Pörksen lauschen. Auf Einladung der Heimatgemeinschaft wird er zum Beispiel das Auseinanderbrechen eines viele Jahrhunderte währenden deutsch-dänischen Miteinanders beschreiben. Pörksen ist Autor des Buches „Riß durchs Festland“ und lässt Geschichte am Beispiel einer Familie lebendig werden.
Klappentext
Es ist die Momentaufnahme einer Idylle – und gleichzeitig der letzte Akt eines Dramas, das von Nationalismus und Feindschaft, von kleinen und großen Kriegen, von Ressentiments, Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit gezeichnet ist. Nur ein einziges Foto hat sich erhalten. Es zeigt drei Paare der weit verzweigten Pastorenfamilie Prahl beim Verlassen der Nicolaikirche in Eckernförde. Sie feiern an diesem Tag gemeinsam die goldene, die silberne und die grüne Hochzeit. Es ist ein rauschendes, ein auf den ersten Blick ganz und gar privates, unbeschwertes Fest, das da am 31. August des Jahres 1930 stattfindet. Und doch wird in ihrer Vorgeschichte im Mikrokosmos des Privaten und in dem Geflecht der Stimmen und Schicksale, der vielen Familienüberlieferungen und Dokumente ein Panorama der Landes- und Zeitgeschichte erfahrbar. http://buchverlag.boyens-medien.de/verlagsprogramm/literatur/einzelansicht/kategorie/literatur/buch/riss-durchs-festland.html
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Brief aus Eckernförde – Im Prinzip # 121
Moin, moin,
im Prinzip ist der Mensch weder gut noch böse. Das ist die Essenz meines privaten und beruflichen Lebens. Wir bemühen uns instinktiv darum, unsere Grundbedürfnisse zu befriedigen. Essen, Trinken, Wohnen, Fortpflanzung. Wie die Tiere. Im Prinzip ist das in Ordnung und anders geht es ja auch nicht, wollen wir überleben. Aber die Tücke liegt im Detail. Das wirkliche Leben zerrt von zwei, von mindestens zwei Seiten an unserer animalischen, moralisch eher neutralen Grundstruktur. Nehmen wir mal Sylvester. Wir waren bei Erika in Missunde. Erika hatte gekocht. Gut, reichlich, abwechslungsreich. Das Tier in uns war nach 25 Minuten satt und zufrieden. Die Gier in uns, ließ uns nach Fischsuppe, Lachs auf Rösti, Black Tiger Prawns provencale, Rote Grütze mit Sahne auch noch Schwedische Mandeltorte in uns hinein stopfen. Spekulatius zum Tee ging dann nach dem Köm mit ein bisschen Gewalt ebenfalls noch rein. Das Gewissen in uns schrie auf: Zuviele Kalorien, schlechte Blutwerte, leergefischte Meere, hungernde Fischer, weil Riesentrawler die Gelbflossen-Thunfische mit Riesennetzen vor den tropischen Küsten geradezu ausmerzen. Und dann war es kurz vor Mitternacht. „Brot statt Böller“. Klar, da spende ich seit 20 Jahren. Aber Hans hatte ein paar Raketen besorgt. Böse Geister vertreiben, sagte er und Jörns Genesung feiern. Der ist dem Sensemann im letzten Jahr nämlich nur haarscharf entkommen. Und Marlene findet Feuerwerk so schön, dass sie jedes Mal ein bisschen weinen muss. Gegen drei Uhr lag ich im Bett, ein bisschen angetütert, sodass ich leichten Wellengang spürte. Im Prinzip war das ein schöner Abend, aber wieder hatte die dunkle Seite der Macht gewonnen. Im nächsten Jahr werde ich dehalb darauf achten, dass nur solcher Fisch auf den Tisch kommt, der nicht vom Aussterben bedroht ist. Das ist wirklich ein kleiner Kampf, den ich nicht nur im Prinzip, sondern ohne Aufwand leicht und sicher gewinnen kann. 2014 höre ich auf die Kanzlerin, die Mut zu immer neuen kleinen Anfängen macht. Wenn eine weiß, wie es geht …
Sich auf einen Strandspaziergang freuend
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Sonnabend gehe ich auf den Wochenmarkt. Regionale Produkte einkaufen. Das kann im Prinzip nicht schlecht sein, sofern sie im Einklang mit der Natur produziert wurden und ich nicht drei Portionen für zwei Personen kaufe. Das schaffe ich.
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
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Brief aus Eckernförde – Der Diaabend #120
Moin, moin,
über die Feiertage ist Marie aus Köln zu Besuch. Deren Tochter ist mit Mann und Enkel nämlich nach Teneriffa gereist. Nachdem wir den Heiligen Abend im kleinen Kreis verbracht hatten, stand Marie am 1. Feiertag der Sinn nach Abwechslung. Wir haben einen ausgedehnten Spaziergang unternommen und sie war erschüttert, was Orkantief Christian angerichtet hat. Wir haben uns ja inzwischen an den traurigen Anblick gewöhnt. Jedenfalls sprachen wir über die beeindruckenden Zeiträume, die eine Eiche braucht, bis sie imposante Höhen von zwanzig Metern und mehr erreicht und so kamen wir dann auf unsere eigene Jugend zu sprechen. Als wir wieder im Ykaernehus angekommen waren, hatte Marie die zündende Idee für den Abend. „Zeigt mir doch mal, wie das bei euch so war, damals als ihr jung ward.“ Fiete war sofort Feuer und Flamme. Überraschend schnell hatte er einen Diaprojektor und eine Leinwand parat. In der Zwischenzeit hatte ich stapelweise Diaboxen aus dem Schlafzimmerschrank gekramt. Und dann ging´s los. Eine Reise durch Zeit und Raum. An der Hand meines Vaters beim Sonntagsspaziergang am Strand, selbstverständlich schwarz-weiß, Fiete in kurzen Lederhosen bei seinem Onkel im Schwarzwald, mein erster Petticoat, Fiete in Frankreich, als er seinen Citroen abholte, die „Studienreise“ nach Ibiza; unglaublich, spätere Staatsanwälte und Richter knapp bekleidet und mit Genussmitteln, deren Besitz viele Vorgesetzte sicher nicht als karrierefördernd eingeordnet hätten. Fiete war ein Hering, bis weit in seine Dreißiger. Dann hatte er diese Frau geheiratet und war aufgegangen wie ein Hefekloß. „Essen war ja alles, was mir blieb“, jammerte er angesichts der entlarvenden Fotos. Dabei knabberte er genüsslich an einer übriggebliebenen Keule der Weihnachtsgans. Wir lachten, erzählten und manchmal war es auch ein bisschen traurig, wenn wir längst verstorbene Verwandte und Freunde sahen. Als das letzte Magazin eingeschoben, das letzte Dia gezeigt war und schließlich das Licht wieder angeknipst wurde, hatten wir glänzende Augen und gerötete Wangen. Und wir schworen uns, dass der Diaabend bei uns wieder in Mode kommen wird.
In Erinnerungen schwelgend
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Sonntagabend werde ich mit den Knilchen nach Lindau fahren. Die Autoren von „Tod am Strand“ kommen und lesen und halten eine Art Sprechstunde ab, wie ich höre. Wir freuen uns riesig. Schließlich kommen wir ja vor! 29.12., 18:00 Uhr hier: https://www.facebook.com/Lindauhof
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
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Brief aus Eckernförde – Licht, mehr Licht! #119
Moin, moin,
in Brüssel haben Bürokraten darüber entschieden, wie wir unsere Wohnräume beleuchten dürfen. Sie haben einen miesen Job gemacht, einen ganz miesen Job. Niemand den ich kenne, wäre gegen Energiesparen, aber das Verbot der Glühbirne ist ein Anschlag auf meine Gesundheit. Man liest, dass die Beleuchtung mit einem Anteil von 1,5 Prozent am Gesamtenergieverbrauch beteiligt ist. Man liest, dass das in Energiesparlampen enthaltene Quecksilber auch kein Segen für die Umwelt ist. Und ich bezweifle, dass alle ausgedienten Energiesparlampen vorschriftsmäßig entsorgt werden. Dass ich mich jetzt darüber aufrege ist ja kein Wunder. Diese ewige Dunkelheit, dieses Dämmerlicht, dieses Grau. Ich will warmes, weiches, schmeichelndes Licht. Sie müssten mal mein Gesicht im Wiederschein dieser kalten Beleuchtung bei mir im Bad sehen. Gestern dachte ich schon es sei an der Zeit Amos Wiesel, seines Zeichens Pathologe, anzurufen. Weißblaues Licht. Da sehe ich aus, als sei ich Ende 70. Mindestens. Furchtbar! Vielleicht besorge ich mir ein altes Ölfass und mache ein Feuerchen auf dem Balkon. Oder ich reise aus. In die Karibik. Tschüss Europa, tschüss Brüssel. Meine Pension gebe ich dann unter der ewigen Sonne eines blauen Karibikhimmels aus. So steigerte ich mich gestern infolge falscher Beleuchtung in meine Wut hinein, bis mich Fiete mit dem Kalender beschwichtigte. Morgen, am 21. Dezember um 18.11 Uhr ist Wintersonnenwende. Die Tage werden wieder länger! Wir haben einen „Sex on the beach“ gemixt, Bob Marley aufgelegt und zu den drei Kerzen des Adventskranzes noch Fietes alte mit Petroleum betriebene Sturmlampe angezündet. Ätsch.
Einen schönen 4. Advent ihr Lieben
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Heute Abend gehe ich auf den Kirchplatz, einen Film angucken und Glühwein trinken. Um 18.00 Uhr gibt es auf der Großleinwand auf dem Weihnachtsmarkt „SCHNEE VON GESTERN – der private Blick auf die Schneekatastrophe 1978/79“ von Claus Oppermann und Gerald Grote
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
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Brief aus Eckernförde – Matthäus und der Teufel #118
Moin, moin,
Fiete ist seit Wochen nörgelig. Die Blutwerte sind schlecht. Kein Wunder, bei seinen Essgewohnheiten, aber auf mich hört er ja nicht. Dr. Petersen hat ihm gesagt, dass auch sein Leben nicht ewig währen wird. Eine Binse, aber Fiete hat das nachdenklich gemacht. Besonders intensiv treibt ihn die Frage um, wie er mit seinem Erbe verfahren soll. Eigentlich ist es ja Frauke, seine einzige Tochter, die die Firma und die Aktien und die beiden Häuser und seine Autos erben wird. Aber Fiete fragt sich, ob er das einfach so laufen lassen soll. Nicht, weil er Frauke was Böses will, sondern weil er sich die Gerechtigkeitsfrage stellt. So ganz grundsätzlich. In diesen Jahren werden in Deutschland 260 Milliarden Euro vererbt. Zum Vergleich: Im Haushalt für Schleswig-Holstein sind im nächsten Jahr runde 10 Milliarden an Nettoausgaben vorgesehen, sagte Fiete und der ist gut mit Zahlen. „Weißt du, was Jenny verdient?“ Ich verneinte. „1.360 € brutto!“ Jenny ist Fietes Friseurin. „Das ist nicht gerecht.“ Fiete regte sich gar nicht auf. Er stellte nur fest. „Man wird in den Reichtum hinein geboren, einfach so. Und ohne jemals einen Finger krümmen zu müssen, lebt man auf der Sonnenseite, während Jenny nie auf einen grünen Ast kommen wird. Mein Vater sagte immer, der Teufel scheißt auf den größten Haufen. Da ist was dran.“ Es entstand eine Pause. „Dein Vater hatte Recht“, sagte ich, aber es muss nicht immer schlecht sein, wenn aus viel ganz viel wird.“ Ich erklärte Fiete den Matthäus-Effekt. Aus der Soziologie stammt dieses Prinzip und behauptet, dass Erfolge stärker auf früher gelegte Grundsteine, als auf aktuelle Leistungen zurückzuführen sind. Gemeint ist der kleinere oder größere Vorsprung, den man am Start hat. Wenigen gelingt fast alles, während die meisten mit nahezu leeren Händen dastehen. Im Matthäusevangelium, daher der Name, ist zu lesen: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“ „Und was soll daran gut sein?, fragte Fiete. „Daran ist gut, dass wer fleißig war und eine erste Fremdsprache gelernt hat, die zweite leichter lernt. Dass Frauke, die sich nie um Geld sorgen musste, den Förderverein für insolvente Start-Ups gegründet hat. Geld, auch wenn es ererbt ist, schändet nicht. Es kommt darauf an, was der Erbe damit macht. Es gibt überall Beispiele für hochanständige Stifter, ohne die die öffentliche Hand manches nicht leisten könnte.“ Wieder entstand eine Pause. Schließlich lächelte Fiete. „Eine Stiftung, ich könnte ja einen Teil meines Geldes in eine Stiftung einbringen. Zusammen mit Frauke. Eine Vater-Tochter Stiftung zur Förderung von Talenten im Handwerk. So junge Leute wie Jenny.“ Jetzt strahlte er richtig, griff zum Telefon und rief seine Tochter an. Manchmal muss man nur mal kurz den Blickwinkel verändern.
Einen schönen 3. Advent wünsche ich
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Ich bleibe heute Abend zuhause. Habe ein neues Buch. Aber Marlene und Hans, die gehen ins Utgard. Dort: Oldschool Rock. Und: Tombola für die DKMS (Deutsche Knochenmark Spenderdatei).
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
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Brief aus Eckernförde – Vom Himmel hoch… #117
Vom Himmel hoch …
Moin, moin,
Anfang Dezember 1954, Latein bei Fräulein Bornemeier. „Margarete, konjugiere advenire. Präsens, Indikativ, Aktiv.“ „Äh, also – advenio, advenis, advenit, äh, advenimus, äh, äh, adventitis?“ „Margarete. Von dir hätte ich mehr erwartet.“ Empört wandte sich Fräulein Bornemeier ab. Tja, das ist lange her. Schwamm drüber. 59 Jahre später ist nun wieder Advent und wir erwarten, dies und das möge ankommen. Zumeist handelt es sich dabei weniger um spirituell, als um materiell motivierte Wünsche. Das weiß auch Jeff Bezos, der Chef des weltgrößten Wünscheerfüllers auf Klick, der Chef von Amazon. Und deshalb hatte Jeff, ganz der kleine Junge, der sich vor Weihnachten nach einem Bagger sehnt, eine tolle Idee. Eine Idee, bei der manche in die Luft gehen könnten. Mr. Bezos plant nämlich die Zustellung von Pakten per Luftpost. Also, im wahrsten Sinne per Luftpost bis an die Haustür. Ding dong und die freundliche Drohne schwebt brummend im Vorgarten. Ja geht´s noch!? Hat der Typ „April, April“, mit „Advent, Advent“ verwechselt? Glaubt er wirklich diese Idee könnte vielleicht nur deshalb gut ankommen, weil die Christenheit gerade in dieser Ankunfststimmung ist? Mr. Bezos, ich will Ihnen mal was sagen. Heute ist bei uns Nikolaus und der hat einen Kumpel, seinen Buddy Knecht Ruprecht. Und der, der hat eine Rute und wissen Sie, was der mit kleinen Jungs macht, die blöde Ideen haben? Genau, er versohlt ihnen den Hintern. Und dann, dann holt der Nikolaus seine beiden Bücher raus – das ist ja wieder ganz ihr Thema – und dann trägt er den kleinen Jeff ein, damit er im nächsten Jahr weiß, worauf er achten muss und wissen Sie, in welches Buch er den kleinen Jeff einträgt? Nicht ins goldene Buch, nein, ins schwarze Buch. Mr. Bezos, gehen Sie noch mal in sich. Denn glauben Sie mir, das wollen Sie nicht. Den Knecht Ruprecht spielt in Eckernförde seit 25 Jahren Fiete, Fiete-Xaver Burmester und der bringt gute 130 Kilo auf die Waage.
Schönen 2. Advent wünscht
Ihre und Eure Margarete Brix
P.S. Heute Abend hätte es eine Veranstaltung auf der MS „Andreas Gayk“ geben sollen. Ist aber wegen des Sturms abgesagt. Dazu passt die traurige Nachricht, dass am 29. November der Initiator des Kulturbetriebes auf dem Schiff, Micha Bund, gestorben ist. Ruhe in Frieden.
Rasmussen und die Brix: das neue Duo am Krimi-Himmel. In: Tod am Strand.
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Brief aus Eckernförde – Von Gestern? Nö! #116
Gerade gestern unterhielten wir uns über den Vorteil von Kerzen am Weihnachtsbaum. Gar nicht auszudenken, wenn am Heiligen Abend mal der Strom ausfiele. Der Punsch bliebe kalt. Der Fonduetopf schwiege still. All die schönen Geschenke mit USB-Anschluß blieben Ausstellungsware. Das brachte uns auf das Thema brennbarer Vorräte. Bei uns flackern dann zumindest die Kerzen, denn ich habe neulich einen ganzen Umzugskarton mit einem beeindruckenden Vorrat entdeckt. Zündhölzer haben wir auch noch genügend, wie ich gesehen habe. Und im Schuppen lagert Holz für zumindest eine Ladung Feuerkorb. Und jetzt schalte ich um nach Eckernförde zu Margarete Brix, Amtsrichterin a.D.. Elektrisch versteht sich. (Illustration: Meike Teichmann).
Brief aus Eckernförde – Fundsachen #115
Ich durfte gestern schon mal in das Programm des Nikolausmarktes spinxen. Was lese ich da Pilgerdorf? Wie im letzten Jahr gibt es wieder „Dörfer“ rund um die Abtei Brauweiler. Das Brauweiler Dorf und das Handwerkerdorf kennen wir aus dem letzten Jahr. Kutscherdorf und Gourmetdorf, da fragte sich im letzten Jahr schon so mancher, was haben denn diese Themen auf einem Weihnachtsmarkt verloren. Die Kutsche konnte wegen des plötzlich einsetzenden Schnees nicht fahren und im Gourmetdorf war eher Gourmand angesagt. In diesem Jahr wird es stattdessen einen Pilgerweg und ein Pilgerdorf entlang von St. Nikolaus geben. Da hat wohl einer in der Geschichte gekramt. Pilgerwege im Rheinland gibt es zuhauf und einer führt auch von Wuppertal über Köln respektive Brauweiler nach Aachen. Ich denke noch, Mensch, das nimmt sich erst einmal wie ein Fundsache aus. Mal sehen, was die Veranstalter daraus machen. Und dann flattert auch schon der Brief aus Eckernförde ein. Was lese ich da? Römer in Schleswig-Holstein. Das ist doch eine rheinische Domäne? Da schalte ich besser mal ganz schnell um nach Eckernförde zu Margarete Brix. (Illustration: Meike Teichmann). Diesen Beitrag weiterlesen »