Archiv für die Kategorie „Eckernförde“
Postkarte aus Eckernförde – Alles fließt
nachdem sich letzte Woche Margarete Brix auf eine halbjährige Weltreise verabschiedet hat, bin ich nun dran. Rasmussen, Hans Rasmussen. Hauptkommissar aus Eckernförde. Wer Tod am Strand und Die Schlei-Diva gelesen hat, kennt mich. Diejenigen wissen auch, dass ich von Zeit zu Zeit etwas maulfaul bin. Von daher werde ich keine Briefe schicken, sondern ihr werdet von Woche zu Woche Postkarten erhalten. Das war es dann auch schon diese Woche
Euer Hans
P.S. Maggie, ich wünsch dir alles Gute für deine Reise. Das Motiv fand ich passend. Das habe ich auf Fanø im letzten November geschossen. Das Bild bekomme ich einfach nicht aus dem Kopf. Sei beruhigt: Hanne Mogensen habe ich nicht getroffen.
P.P.S. Der 3. GUMM-PRIX steigt zu den Sprottentagen (10. – 12. Juli 2015). Sicher wird es für Sport- und Kostümwertung wieder tolle Preise geben. Ich empfehle: Jetzt schon mal in den Kalender eintragen.
Rasmussen und die Brix. In: „Tod am Strand“ und „Die Schlei-Diva“.
Bei emons erschienen und überall im gutsortierten Krimi-Buchhandel erhältlich.
Brief aus Eckernförde – Schnee!
Heiligabend saßen wir in großer Runde und nach gutem Essen (die Linsen waren vorzüglich), köstlichem Roten und Bügelbier für Fiete, wurden wir besinnlich. Wir erzählten aus unserem Leben, betrachteten das Weltgeschehen und das rund um die Eckernförder Bucht. Wir fragten uns nach der Formel für das Glück des Einzelnen und das Glück der Vielen. Und was soll ich sagen? Wir haben sie gefunden, die Weltformel: Nächstenliebe. Manchmal ist es ja so einfach.
Und jetzt fällt auch noch Schnee.
Eine schöne Zeit zwischen den Jahren
Ihre und eure Margarete Brix
P.S. Der 3. GUMM-PRIX steigt zu den Sprottentagen (10. – 12. Juli 2015). Sicher wird es für Sport- und Kostümwertung wieder tolle Preise geben. Ich empfehle: Jetzt schon mal in den Kalender eintragen.
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Brief aus Eckernförde – Keine Gans
Moin, moin,
in einer pluralistischen Gesellschaft, in einem demokratisch verfassten Land, in einer gleichberechtigten Beziehung und bei Anne Will und Günther Jauch, gehört die Diskussion zu den höchsten Errungenschaften zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Aber manchmal, an einigen wenigen Tagen, zu seltenen Gelegenheiten – sollten Fiete, Fritze und Jörn, meine ansonsten allerliebsten Knilche, einfach mal nichts sagen. Sich umdrehen, rausgehen und wiederkommen, wenn ich eine Entscheidung getroffen habe. Das hört sich jetzt strenger an, als es ist. Die seltene Gelegenheit ist die wiederkehrende Situation, in der über das Essen für Heiligabend gesprochen wird. Ente, Gans, Karpfen oder Pute. Rotwein, Weißwein, Bügelbier, Cherry, trocken oder nicht. Es war laut und es war furchtbar. Das Schlimmste war. Ich drang nicht durch. Die Drei hatten sich so in Rage geredet, dass von vorweihnachtlich, friedlichem Miteinander nur wenig blieb. Ich untertreibe, wenn ich sage, es wurde laut. Kurz bevor ich die Herren der Wohnung verweisen wollte, klingelte es an der Tür. Es war Marlene. Auch in diesem Jahr, werden Hans und Marlene zu uns stoßen und wahrscheinlich kommt auch Marie aus Köln. „Ich habe eine tolle Überraschung“, Marlene strahlte und hob beide Arme, sodass die Knilche verstummten. „Unser Kreis an Heiligabend wird ein bisschen größer. Wir haben an der Schule ein paar Lehrer aus Syrien zu Gast. Flüchtlinge. Total nette Leute. Ich habe sie eben zu uns eingeladen und sie haben spontan angeboten, traditionell aramäisch für uns zu kochen. Was sagt ihr nun?“ Fiete, Fritze und Jörn schauten in gequälter Nächstenliebe, etwas schief lächelnd und ihr Nicken wirkte leicht gezwungen. Fiete fing sich als erster. „Und was wollen die uns auftischen? Kamelbraten?“ Marlene schenkte Fiete einen vernichtenden Blick, atmete durch und sagte: „Nein Fiete, Weihnachten wird in diesem Jahr vegetarisch. Es wird Rote Linsensuppe geben.“ So blöd haben die Knilche schon sehr lange nicht mehr aus der Wäsche geguckt. Kein Fleisch an Heiligabend. Potztausend. Das war ein Schlag ins Kontor. Die Herren nahmen ihre Jacken und trollten sich mit hängenden Schultern. Ich hörte noch wie Jörn sagte, das ginge eigentlich nicht, das sei ja wie Frauenfußball. Ich habe Marlene geküsst und ein Piccolöchen geöffnet.
Eine schöne letzte Adventswoche und ein friedliches Weihnachtsfest!
Ihre Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Deko plus
Moin, moin,
die Adventszeit bringt alljährlich Rituale mit sich, die man mag oder auch nicht. Ausweichen ist jedenfalls schwierig bis unmöglich. Auch wenn ich mir damit keine Freunde mache: Lebkuchen zu Erntedank, Kinderchöre vor Kuhställen, Promis, die im Fernsehen mit glänzenden Augen um Spenden bitten, gehen mir tierisch auf die Nerven. Unvermeidlich ist es auch, das Ergebnis der vorweihnachtlichen Dekorationshysterie wahrzunehmen. Von der pinkfarbenen Kugel mit Glitzer, über aufgeblasene Weihnachtsmänner an unschuldigen Hausfassaden, bis hin zum Klimafrevel mancher Beleuchtungsexzesse, die eigentlich nur im Auftrag der darbenden Energiekonzerne entstanden sein können, lässt der deutsche Weihnachtsfreund nichts aus, was hässlich und teuer ist. Loriot ließ Opa Hoppenstedt ja einst behaupten: „Früher war mehr Lametta.“ Kann sein. War ja vielleicht auch schöner. Mit mehr Lametta. Aber damit muss man den jungen Leuten heute nicht kommen. Ich war vorgestern kurz bei Fietes Tochter, um Fiete abzuholen. Da lernte ich dann auch Benjamin kennen, den 14 jährigen Sohn von Fraukes neuem Lebenspartner. Man sprach über den Baum. Nordmanntanne, wie immer. Und man sprach über die Beleuchtung. Echte Kerzen – zu gefährlich. Die Lichterkette, wie immer. Benjamin tippte auf seinem Tablet herum und dann sagte er: „Voll langweilig diese Lichterketten. Die haben nicht mal Bluetooth. Nur so´n ollen Schalter.“ Selbst Frauke, die nicht zur Nachdenklichkeit neigt, guckte ziemlich ratlos aus der Wäsche. Vielleicht sind aufblasbare Weihnachtsmänner ja doch nicht so übel.
Möge uns der 3. Advent altmodisch beschauliche Momente bringen.
Ihre Margarete Brix
P.S. Der 3. GUMM-PRIX steigt zu den Sprottentagen (10. – 12. Juli 2015). Sicher wird es für Sport- und Kostümwertung wieder tolle Preise geben. Ich empfehle: Jetzt schon mal in den Kalender eintragen.
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Brief aus Eckernförde – Synapsensterben
Moin, moin,
ich war ja schon eine Weile nicht mehr in Louisenlund. Aber als Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer angekündigt wurde, gab es kein Halten. Der Direktor der Psychiatrischen Uniklinik in Ulm würde über digitale Demenz sprechen. Ich war interessiert. Jenseits der 70 ist es besonders wichtig, auf der Höhe der Diskussion zu bleiben. Also überredete ich Fiete mich nicht nur zu fahren, sondern auch an meiner Seite den erhellenden Erkenntnissen des Hirnforschers zu lauschen. Wir erfuhren, dass die Entwicklung des Gehirns vornehmlich in den ersten 20 Lebensjahren stattfindet, dass es sehr unterschiedliche Wachstumsreize und nicht etwa nur reinen Digitalkonsum benötigt. Fiete und ich nickten einander zufrieden zu. Unterschiedliche Wachstumsanreize hatten wir wahrlich gehabt in unseren wilden Jahren. Spitzer erklärte, dass Studenten schlechter lernen, wenn sie während der Vorlesungen ihre Notebooks nutzen. Ich lächelte und tippte auf meine kleine Kladde, die ich stets mitführe, um rasch ein paar handschriftliche Notizen machen zu können. Langanhaltende geistige Gesundheit, Vorbeugung gegen Demenz. Wichtige Stichwörter für uns und dann die Botschaft des Referenten, dass Musik und insbesondere Tanzen nachweislich dazu beitrügen, das Oberstübchen in Ordnung zu halten. Fiete und ich waren obenauf, als der Professor geendet hatte. Ein schönes Gefühl war das. Wir hatten bisher alles richtig gemacht und im Chor würde ich anregen, dass wir vielleicht ein paar Tanzschritte in unsere Konzerte integrieren könnten. Ich setzte mein Hütchen auf, Fiete schlug den Kragen hoch und so traten wir hinaus in den Abend. Was zur Wahrheit gehört: Unser Hochgefühl schlug ziemlich rasch in stirnrunzelnde Verlegenheit um. Wir verlangsamten den Schritt, drehten die Köpfe. Im Überschwang der Gefühle hatten wir vergessen, wo wir das Auto geparkt hatten. Theorie und Praxis prallten aufeinander und wir mussten feststellen, dass auch bei uns nicht alle Synapsen überlebt haben. Bloß gut, dass wir auch mit einem Drittel der Hirnleistung durchs Leben kommen. Das hatte Spitzer gesagt und ich hatte es in meine Kladde geschrieben. Sicher ist sicher.
Schönes Wochenende und einen kuscheligen 2. Advent.
Ihre Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Wichtige Hinweise
Moin, moin,
in der Zeitung lese ich von Ereignissen, von Ankündigungen und Einsichten, die mich schockieren. Oft lese ich aber auch von Dingen, die mich amüsieren. Vom Mindestlohn und dessen verheerende Auswirkungen auf die armen Taxikunden beispielsweise, oder über Minister Gabriel, der sich um eine bequeme Position zwischen Klimaschützer und Wirtschaftsförderer bemüht. Die Lektüre ist wechselvoll. Meine Gedanken kreisen und mein Gemüt ist in Wallung. Aber die ZeitungsredakteurInnen sind gnädig mit uns Lesern. Sie bauen zur Regeneration verkehrsberuhigende Elemente in den Lesefluss ein. Randrubriken ohne jede inhaltliche Relevanz, aber mit alarmierender Signalwirkung in der Überschrift. Meine Lieblingsüberschrift? in/out
Hinter diesen beiden Wörtern verbergen sich Verheißungen, aber auch vernichtende Feststellungen. Als ich einmal las, dass es mega-out sei, Hütchen zu tragen, war ich gleich obenauf und fühlte mich in meiner Leidenschaft für Hütchen nachhaltig bestätigt. Gegenwind macht frisch. Neben den „ins“ und „outs“ der Mode, bieten uns die Zeitungen und Zeitschriften auch Orientierung bei der Berufswahl und Karriereplanung. Nachdem ich erfahren hatte, dass es out sei Friseur zu lernen, dachte ich kurzfristig an die Anschaffung eines dieser praktischen Haarschneidegeräte aus dem Home-Shopping-Fernsehkanal. Die Macht der „in und out Listen“ ist allgemein unterschätzt. Wehe uns, wenn sie einst von den wirklich bösen Buben entdeckt wird. Dann ist es mit der Demokratie schnell vorbei. Doch zurück zu meiner aktuellen Frühstückslektüre, die mich erstmals an der Seriosität meiner Lieblingsrubrik zweifeln ließ. Unter „out“ stand dort passend zur Jahreszeit: Laub über den Zaun zum Nachbarn werfen. Ich stutzte kurz und fragte mich: War das denn jemals in? Ich war verunsichert. Könnte es sein, dass die Verfasser der Liste nicht sorgfältig recherchiert haben, dass sie uns LeserInnen nicht ernst nehmen? Oder ist es vielleicht so, dass Satire heutzutage besonders raffiniert getarnt wird? Ich fasste einen Vorsatz. Ich würde mitmischen. Mit eigenen Listen. Da werden sich die Zeitungsfuzzis noch wundern. Also Obacht, liebe Mitbürgerinnen. Demnächst an dieser Stelle: Maggies ultimative in und out Liste. Vorschläge für den Namen der Rubrik nehme ich noch entgegen. Vorschläge machen ist übrigens: in!
Schönes Wochenende und allen Geburtstagskindern ein glückliches neues Lebensjahr!
Ihre Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Umleitung
Moin, moin,
ich weiß ja nicht, wie Sie es mit den Tugenden halten. Ich halte streng an ihnen fest. Also, zumindest an einigen. An der Pünktlichkeit zum Beispiel. Kommt jemand zu spät zu einer Verabredung, reagiere ich ungnädig. Komme ich zu spät zu einer Verabredung, neige ich zur Selbstkasteiung. Nicht in mittelalterlichen Dimensionen, versteht sich. Aber doch so, dass ich leide. Ich versage mir mein Lieblingsgetränk, oder gar ein sicheres Solo beim Doppelkopf.
Vorgestern wäre es beinahe wieder soweit gewesen. Fiete chauffierte mich zu einer Verabredung. Wir hatten die Abfahrtszeit so gewählt, dass wir einen 10-Minuten-Puffer hatten. Doch dann: Umleitung. Und glauben Sie mir, wir waren nicht die einzigen auf der Umleitungsstrecke. Wir krochen durch den Hamburger Speckgürtel. Im Schneckentempo! Ich litt. Fiete spielte Schlager der 50er-Jahre. Fröhlich. Schlimmer war nur, dass er referierte, wie auch ich diese Zeit des Lebens, diese unwiederbringliche Lebenszeit nutzen könne. Durch Gespräche mit ihm, das Betrachten der Landschaft, oder durch Mitsingen. Ich kochte. Es würde eine peinliche Begegnung werden. Insgeheim wünschte ich, den Zug genommen zu haben.
Mit über zwanzig Minuten Verspätung traf ich am Ort der Verabredung ein. Gleichzeitig mit Professor von Kranz-Mitscherlich, meinem seinerzeit hochgeschätzten Kollegen, der am Bundesverwaltungsgericht einen Ruf wie Donnerhall hatte. Über das ganze Gesicht strahlend kam er auf mich zu: „Mir scheint, auch Sie konnten den Verkehr nicht in seine Schranken weisen“, scherzte er und setzte fort: „Mein Stau kam mir sehr zu Pass. Ich konnte noch das Ende von Paul Temple hören. Sie wissen schon, Durbridge. Köstlich.“ Und dann hakte er sich bei mir unter, um das von ihm gewählte Café zu betreten. Ohne unser beider Verspätungen weiter zu erwähnen. Ich war einigermaßen – irritiert.
Im Nachhinein bin ich, der Wahrheit muss ich auch hier die Ehre geben, sehr froh, dass ich mir keine unmittelbare Strafe auferlegte. Die Sachertorte war nämlich ein außerordentlicher Genuss.
Schönes Wochenende
Ihre Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Bilanz #162
Moin, moin,
Ministerpräsident Albig hat seine Zwischenbilanz vorgestellt. Ein bisschen verkürzt möchte man sagen: Alles in Butter. Während ich am Telefon Maries euphorischem Bericht über ihre jüngste Eroberung im Kölner Karneval lauschte, sah ich Fiete vor dem Fernseher den Kopf schütteln. Die Berichterstattung über Albigs Bilanz und Maries Erzählungen aus Tausendundeiner-Nacht endeten zeitgleich. Ich ging zu Fiete hinüber, stellte mich neben den Sessel, strich ihm über die Schulter und machte ein Geräusch, das ihn gewöhnlich dazu bringt, sein Herz auszuschütten.
„Dass Politiker insbesondere ihre eigenen Leistungen schön reden, ist ja nicht neu und gehört wohl zum Geschäft“, stellte Fiete fest. „Aber unsereiner muss sich ja doch ehrlich machen. Vor sich selber. Zumindest vor sich selber.“ Er schüttelte erneut den Kopf. „Ich habe es wieder nicht geschafft. Das Jahr ist fast rum, ich bin ein Mann dessen verbleibende Lebenszeit überschaubar ist, Margarete.“
Jetzt setzte ich mich auf die Lehne und legte meinen Arm um ihn. Die Sache mit seiner Tochter, dachte ich. Das nagt an ihm. Dieser blöde Streit wegen seines Büros, das er noch immer in seiner alten Firma hat, die inzwischen Frauke führt. Sie will Platz für einen neuen Mitarbeiter, aber Fiete sagt, das sei sein Altenteil. Da müsse sie ihn mit den Füßen vorweg raustragen.
Fiete seufzte. Ich drückte ihm einen Kuss aufs Resthaar.
„Margarete. Nächste Woche gehe ich das an. So geht´s nicht weiter.“ Er richtete sich ächzend im Sessel auf. Ich lächelte ihn von der Seite an.
„Gleich Montag rufe ich in Saarbrücken an. Ich nehme den Wagen. Einen Citroen DS als Kombi wollte ich schon immer. Und mit dem 75er Baujahr kann ich nichts falsch machen. Ohne den Kombi ins Grab gegangen zu sein. Das würde ich mir nie verzeihen.“
Mit diesen Worten wuchtete er sich hoch, legte sein Oldtimermagazin auf den Couchtisch, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und stellte sich zufrieden grinsend ans Fenster. Wie Albig, dachte ich; oder – eher wie Adenauer.
Schönes Wochenende
Ihre Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Schonzeit #162
Moin moin,
Fiete kam eben rein und knallt mir den den neuen „Stern“ auf den Tisch. „Guck dir das an, Margarete, das ist doch eine Sauerei!“
„Fiete, was ist denn los“, sage ich und betrachte das Titelbild. Der Altkanzler Helmut Kohl sitzt mit wächsernem Gesicht in seinem Rollstuhl und schaut nach halbrechts. Auf den ersten Blick sieht der 84-Jährige gruselig aus, auf den zweiten scheint er fast zufrieden. In der Bildmitte schaut seine junge Frau, die Nachfolgerin von Hannelore. offen und freundlich, fast lächelnd. Und dann lese ich „Die Kohls privat. Zum ersten Mal sprechen der Altkanzler und seine Frau über ihr Leben, ihre Liebe und die Lügen der anderen.“
„Was ist denn daran verkehrt?“, frage ich meinen Lieblingsknilch, wohlwissend dass „Birne“ zu seinen althergebrachten politischen Feindbildern zählt. „Das kommt dir doch ganz gut zupass. Wie sagst du immer – der Dinosaurier aus Oggersheim.“
„Das geht zu weit, meine Liebe“, echauffierte sich Fiete. „ Der Mann ist krank und seine neue Else zerrt ihn in die Öffentlichleit. Maike Kohl-Richter sabbelt und sabbelt in dem Interview wie ein Wasserfall und der Alte nickt einsilbig ab. Das ist unwürdig. Ferngesteuerte alte Männer.“
„Friedrich, denk an dein Herz. Was interessiert uns rüstige Rentner das Elend in Oggersheim, wenn in Eckernförde die Sonne scheint. Und von daher schlage ich vor: Wir setzen uns jetzt schön in den Strandkorb vor dem Luzifer. Komm, mien Jung. Zieh dir was Warmes an.“
Fiete lacht.
Wir ziehen uns jetzt zurück und ich wünsche ein schönes Wochenende
Ihre und eure Margarete Brix
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Brief aus Eckernförde – Eine Insel… #160
Moin, moin,
Als ich Kind war, schien mir meine Welt eine heile Welt zu sein. Was sie nicht war. Wie groß meine Welt damals war, wusste ich nicht. Sie schien mir riesig zu sein. Was sie ebenfalls nicht war. Denn wenn auch nicht geographisch, so lebte ich doch soziologisch auf einer Insel. Das hatte Vor- und Nachteile. Als die Kinder ab 1960 „Eine Insel mit zwei Bergen …“ zu singen begannen, wuchs meine kleine Welt zunächst langsam, später im Studium wuchs sie rasant. Auf Hamburg folgten Amsterdam, London und Paris. Nach Kanada bereiste ich Indien – das war damals sehr angesagt – und auch die Oper von Sydney habe ich gesehen. Ich lernte und arbeitete, lernte Menschen anderer Herkunft und Kultur kennen. Mein Horizont weitete sich. Wie mir ging es vielen Gleichaltrigen.
Die Generation Y machte und macht wohl ähnliche Erfahrungen. Allerdings im Zeitraffer. Work and travel in Neuseeland steht oft schon mit achtzehn auf der Lebenserfahrungsliste. Und zu allen Zeiten wie auch zu allen Lebensphasen sehnen wir uns mal nach Weite und mal nach Nähe. Darüber dachte ich nach, weil die Planer in Kiel und Eckernförde mit dem Inselgedanken spielen. Der Kleine Kiel-Kanal würde die Altstadt zumindest gefühlt wieder zur Halbinsel machen und die Nooröffnung würde Borby und sogar Schwansen in so eine Art Insellage bugsieren. Es fehlte dann nur noch eine Verbindung zwischen Großer Breite und Windebyer Noor. Vielleicht brüten wir solche Ideen aus, weil wir uns auf einer Insel sicherer fühlen können. Auf ihr ist das Puppenkisten-Leben überschaubarer und – besser verteidigen lässt sie sich auch.
Nachdenklich
Ihre Margarete Brix
P.S. Der 3. GUMM-PRIX steigt zu den Sprottentagen (10. – 12. Juli 2015). Sicher wird es für Sport- und Kostümwertung wieder tolle Preise geben. Ich empfehle: Jetzt schon mal in den Kalender eintragen.
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